Valle d`Uina (Sursass)

Der zum Gebiet des Äußeren Alpenbogens gehörende auf über 2.000 m Seehöhe liegende Sursass genannte unbewohnte Talschluss des Uinatales (im Bild unten), eines rechten Seitentales des Engadins, gehört zu Italien und entwässert über Uinabach und Inn in die Donau und somit ins Schwarze Meer.

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Dieses weniger als 10 km² große Gebiet liegt in der Sesvennagruppe, einer Untergruppe der Rätischen Alpen nördlich des Münstertales, wo der Alpenhauptkamm als Grenzkamm den östlich gelegenen italienischen Vinschgau vom westlich gelegenen Schweizer Engadin trennt und gehört zur Provinz Bozen der Region Trentino-Alto Adige.

von Verlauf der Gebietsgrenze des innerhalb Italiens  gelegenen Gebietes des Valle d`Uina bis
Punta della Vedretta

Der ab dem Urtirolaspitz in Süd-Nordrichtung als Grenzkamm Italien/Schweiz verlaufende Alpenhauptkamm verlässt nach dem Piz Sesvenna (3.204 m) an der Punta della Vedretta (dt: Fernerspitz, 2.954 m) die Staatsgrenze und verläuft innerhalb Italiens das zu Italien gehörende Gebiet des Valle d`Uina östlich begrenzend über Föllascharte und Föllakopf (2.890 m) zum Passo di Slingia (dt: Schlinigpass, 2.295 m), der das westlich gelegene Valle d`Uina, ein rechtes Seitental des vom Inn durchflossenen Engadins, vom östlich gelegenen Valle di Slingia (dt: Schlinigtal), ein rechtes Seitental des von der Etsch durchflossenen Vinschgaues, trennt. Nach dem in der Kette des Alpenhauptkammes innerhalb Italiens liegenden Schlinigpass verläuft der Alpenhauptkamm weiter in Nordrichtung und erreicht nach der Punta di Rassas (dt: Rassasspitz, 2.941 m) am Grenzberg Craist‘ Ota (2.884 m) wieder die Staatsgrenze, die ab dort in Südrichtung ins Gebiet des Äußeren Alpenbogens eintretend und das zu Italien gehörende Gebiet des Valle d`Uina westlich begrenzend in den Sursass genannten Talboden des Talschlusses des Val d’Uina abfällt, diesen ca. 500 m unterhalb des die Wasserscheide bildenden in der Kamm- und Gipfelkette des Alpenhauptkamms liegenden Schlinigpasses auf 2.295 m Seehöhe quert, zum Piz Rims (3.067 m) ansteigt, in Südostrichtung nach 2,5 km den in der Alpenhauptkammkette gelegenen Grenzberg Punta della Vedretta und damit den Ausgangspunkt gegenständlicher Verlaufsbeschreibung wieder erreicht.

Punta della Vedretta

Das Val d’Uina ist ein Nebental des Unterengadins. Es mündet bei dem auf 1.200 m Seehöhe liegenden Ort Sur En in das Inntal (Unteres Engadin).

Aconcagua (talk), CC BY-SA 3.0; Das Val d’Uina vom Gegenhang des Inntals aus

Im Tal liegen die beiden Weiler Uina Dadaint und Uina Dadora, die heute nur noch im Sommer bewirtschaftet werden.

In Sursass, im hinteren Teil des Tals, besitzt die Bündner Gemeinde Sent (zu der auch Sur En gehört) eine Alp, die an die Gemeinde Mals in Südtirol verpachtet ist. Am tiefsten Punkt von Alp Sursass vereinigen sich die von Plateau da Rims, Val Cristanas und Pass da Schlingia kommenden Bäche und gruben die tiefe Schlucht Quar in das Kalkgestein. Die Schlucht war ursprünglich unbegehbar. Sursass konnte von der Engadiner Seite aus nur über Umwege erreicht werden und war daher von Schweizer Seite aus wirtschaftlich kaum nutzbar. Erst 1910 wurde ein 600 m langer Felsenweg in der Schlucht durch die senkrechte Wand geschlagen, der heute Teil einer beliebten und spektakulären Mountainbike-Route ist.

Daniel Schwen, CC BY-SA 4.0

Demgegenüber war der auf Südtiroler Seite im Schlinigtal auf über 1.700 m Seehöhe liegende und zur Gemeinde Mals gehörende Ort Schlinig stets bewohnt und es sind von dort aus auch die jenseits der Wasserscheide liegenden Talgründe bis zum oberen Ende der ins Engadin abfallenden Schluchten im Sommer besser erreichbar als von den an der Uinamündung liegenden Schweizer (Engadiner) Siedlungen, weshalb deren wirtschaftliche Nutzung stets von der Vinschgauer Seite erfolgte, was den heutigen, vom Hauptkamm abweichenden Staatsgrenzenverlauf erklären dürfte.

Mikmaq, CC BY 3.0; Das beliebte Ausflugsziel Sesvennahütte liegt am Ostfuß des Schlinigpasses im obersten Schlinigtal auf 2.256 m Seehöhe

Auch könnten urkundlich nachgewiesene Kauf- und Tauschvereinbarungen aus der Reformationszeit eine gewisse Rolle gespielt haben. Die zum neuen Glauben übergetretene Gemeinde Sent besaß wertvolle Kirchenschätze, an denen das Kloster Marienberg auf der Vinschgauer Seite des Pass da Schlingia interessiert gewesen war und laut einem Brief vom 22. Dezember 1588 sind Gemeinde und Benediktinerkloster handelseinig geworden. Die Senter überließen diverse penibel aufgelistete Sakralgegenstände dem Kloster und haben als Gegenwert einen Geldbetrag und die oben erwähnte abgelegene Alp erhalten, die sie ihrerseits wieder an die Südtiroler Gemeinde Mals rückverpachtet haben, da der Almbetrieb von Sent aus nicht „bestoßen“ werden konnte und somit (wie bereits erwähnt) wirtschaftlich nicht nutzbar war.

Die Südtiroler Weidegenossenschaft Mals veranstaltet im Sursass jedes Jahr ein Fest ganz besonderer Art, nämlich die sogenannte Alpbestoßung (im Bild unten).

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Da die Alp auf Senter Boden liegt, sind Schweizer Grenzwächter und der Grenztierarzt von Amtes wegen dabei. Aber auch die Gemeinderäte von Sent sind zu dieser Feier eingeladen und so werden freundschaftliche Bande über die Staats- und EU-Grenze hinweg gepflegt.